Narrativ und Agenda – wo führt das hin?

Bloss eine Chimäre der Zeit?

Narrativ, warum sollte ich dich mögen? Egal was du ausheckst, ich kann es nicht mögen, weil du nur schauspielerst. Du meinst es nicht ernst. Darum gehe ich auf Distanz und diskreditiere deine Erzählung – ist schon eine tolle Sache, sich auf eine distanzierte Metaebene zurückzuziehen. Man gibt sich als echter Kritiker, als taffer Insider zu erkennen, den man nicht so leicht an der Nase herumführt.

Was gibt es nicht alles, dem das Etikett „Narrativ“ anhängt: das Christentum, das Abendland, der Westen, die Demokratie. Eine endlose Liste von sozialen und kulturellen Zielsetzungen ist so unter dem historischen Blick entwertet worden. Doch wo führt das hin? Welche oder wessen Agenda steckt dahinter? Damit bin ich beim zweiten Begriff angelangt, den ich nicht mag. Doch davon etwas später.

Wie steht es um uns Individuen, die wir uns in einer Aura von persönlichen, sinnstiftenden Erlebnissen bewegen. Man kennt uns so, wie wir uns darstellen. Erzählt nicht jeder gerne von sich und schmückt seine Erlebnisse möglichst eloquent, wortmalerisch aus und hüllt sich in den Mantel seiner Geschichten. Ein jeder soll hier kurz innehalten und sich fragen, ob er sich in dieser Robe mag? Verstehe, irgendwie eine sinnlose Frage, wer stellt sich schon freiwillig als Redner nackt vor eine Versammlung.

Gesetzt es gib sie, die macht- und geldhungrigen Agenten der Moderne, denen jede sozialwissenschaftliche und psychologische Technik der Bevölkerungskontrolle eignet, um uns auf Knopfdruck zu indoktrinieren, zu emotionalisieren, nach jeder nur gewünschten Hinsicht zu instrumentalisieren – ja wozu denn? Und damit sind wir beim zweiten modernen Begriff, dem der „Agenda“.

Wer über keine eigene Agenda verfügt, ist eine Schlafmütze und irgendwie überflüssig. Wer etwas will, der setzt sich Ziele und entwickelt für sich die dazu geforderten Schritte und fasst sie in seiner Agenda zusammen. Meine Agenda ist all das, was ich tun und machen muss, um meinen Plan zu realisieren. Nun mag man bitte nochmals kurz innehalten und sich überlegen, ob wir Menschen wirklich so strukturiert vorgehen und planen? Agenden sind doch eher etwas für politische Parteien, um ihre Mitglieder bei der Stange zu halten und sie anzuweisen, wo es langgehen soll.

In der Regentschaft eines Despoten hingegen sind solche Agenden desaströs. Solange jeder Mensch nach seiner Agenda lebt und sich dabei in die Gesellschaft integriert, hat das seine Richtigkeit. Wenn jedoch einer daherkommt und zu verstehen gibt, wo es fortan lang zu gehen hat, würde ich mich hoffentlich dagegen auflehnen. Aber eben, so direkt kommt uns selten einer. Und wenn, dann droht er mit Konsequenzen. Die meisten von den Dahergekommenen pflegten zuerst ihre Narrative um späterhin ihre Agenda pluralisierend durchzusetzen. Im Soge von wohlstrukturierten Narrativen wacht man aus Träumen selten auf, bis die Realität die Sprache der neuen Agenda spricht. Leute jetzt ist es zu spät!

Politisch und sozial betrachtet mag es von Vorteil sein, keinem Narrativ vorbehaltslos zu vertrauen, Vorsicht walten zu lassen und sich den gesunden Menschenverstand zu bewahren. Aber, und damit komme ich nochmals zur Eingangsfrage zurück, wozu ist das gut und wem dient es? Wir geben damit unser Menschsein auf. Zu vertrauen, zu lieben und verletzbar zu sein ist uns eigen! Und wahrlich übel, wir geraten immer wieder in denselben Gegensatz: Liebe und Macht.

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Veröffentlicht von Proteus on fire

Freischaffender Feuilletonist

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